Warum du früh mit einem Hörgerät anfangen solltest

Vor kurzem wurde ich gefragt, warum man sich besser früher als später ein Hörgerät zulegen sollte. Die Frage ist sicherlich für einige Menschen interessant, deshalb die Antwort hier.

Hörentwöhnung

Wir Menschen vergessen Gelerntes, sobald wir es nicht mehr nutzen. Mit dem Hören verhält es sich genauso. Wenn ich ein Geräusch 10 Jahre (oder länger) nicht mehr höre, dann vergesse ich es. Im Akustikergeschäft ist das dann in etwa so: Ein Kunde kommt zum Nachjustieren der Hörgeräte ins Geschäft. Der Kunde: „Der Blinker an meinem Auto ist so laut, kann man da was machen?“. Hm. Natürlich ist es möglich das Hörgerät leiser zu stellen oder nur bestimmte „Frequenzabteilungen“. ABER das Hörgerät ist dann eben leiser und somit auch die ganze Umgebung. Der Kunde hat den Blinker 20 Jahre lang nicht gehört und empfand diesen als sehr störend und laut. Normalhörende hören den Blinker aber auch laut. Merke: Besser früh mit Hörgeräten anfangen, damit man Geräusche/Töne gar nicht erst vollkommen verliert.

Kopfarbeit

Der liebe Brain, ja. Wenn wir jung sind, ist unser Gehirn problemlos in der Lage einem Gespräch zu folgen, auch wenn nicht nicht jedes Wort (oder jeden Satz) akustisch komplett verstehen. Unser Gehirn vervollständigt den Rest für uns. Selbst wenn wir nicht jeden Wortfetzen genau verstehen können, verlieren wir den Faden nicht. Mit zunehmendem Alter verlieren wir diese Fähigkeit mehr und mehr. Als alter Mensch kann es passieren, dass wir einfach nicht mehr wissen, worum es geht, obwohl wir dem Menschen gegenüber zuhören. Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) ist ganz normal.  Die Sehkraft lässt nach, die Hörkraft lässt nach. Durch diesen schleichenden Prozess lohnt es sich ab 40 Jahren (genau wie beim Sehtest) wenigstens ein mal im Jahr das Gehör zu testen.

Gewöhnung

Ansprüche

Ein Hörgerät ist ein Hörgerät und kein neues Ohr. Sicher würde dir am liebsten jeder HörakustikerIn ein neues Ohr verkaufen, wenn er bzw. sie könnte. Bahnbrechende Info: Sie/Er kann es nicht. Die Ansprüche des Kunden an ein Hörgerät könnten unterschiedlicher nicht sein: Die eine Hälfte freut sich „überhaupt was zu hören“ oder „hört regelrecht das Gras wachsen“, die andere Hälfte tut sich schwer. Und schwer tun, meint einiges: Probleme mit der Handhabung des Gerätes, mit dem Klang und mit den Geräuschen, die überhaupt wieder gehört werden (siehe Hörentwöhnung). An ein Hörgerät muss man sich gewöhnen. Es klingt anders als der natürliche Klang eines Ohres.  Weil es eben ein Gerät ist. Die eigene Stimme klingt dadurch beispielsweise nicht nur lauter, sondern auch ein wenig wie von einem Anrufbeantworter. Man gewöhnt sich dran. Es ist wie ein Kind dazu zu überreden eine Zahnspange zu tragen: es wird sich auf lange Sicht lohnen! Nicht aufgeben 🙂

Welche Erfahrung hast du gemacht? Trägst du ein Hörgerät? Kennst du jemanden der oder die Hörgeräteträger ist?

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8 Antworten

  1. Sven Bucher sagt:

    Das Beispiel mit dem Blinker macht hinsichtlich der Hörentwöhnung wirklich Sinn. Im Sinne der Angewöhnung ans Hörgerät sollte man, wie Sie bereits erwähnen, so früh wie möglich beginnen. Vielen Dank fürs Teilen Ihres Beitrags zur Eingewöhnung ans Hörgerät.

  2. Hans Brandt sagt:

    Meine Mutter hat Hörgeräte. Sie begann sehr plötzlich schlecht zu hören. Jetzt ist es mehrere Jahre her, dass sie an ihre Hörgeräte gewöhnt ist.

  3. Interessant ich wusste gar nicht, dass unser Gehör bestimmt Geräusche auch wieder vergessen kann. Ich kann gar nicht einschätzen wie viel ich noch hören kann im Vergleich zu ein paar Jahren. Der Artikel hat mich auf das Thema aufmerksam gemacht und ich werde einmal einen Hörtest machen.

  4. finn sagt:

    Habe ja einen Kameraden, bei dem die Probleme durch die Hörentwöhnung entstanden sind. Wenn man alleine lebt, sind die wohl kein Wunder. Aber bei meiner Oma ist die Altersschwerhörigkeit der Fall. Die Erörterung helfen mir bei der Bestimmung des weiteren Handelns. Wenn man sich ans Gerät gewöhnen kann, wäre vielleicht ein Trainingskurs fürs Gehör hilfreich?

  5. Neeltje sagt:

    Interessant, dass unser Gehör ein Gedächtnis hat, welches mit der Zeit bestimmte Geräusche vergisst. Ich habe lange meinem Opa geraten sich ein Hörgerät zuzulegen. Nun hat er endlich ein und ich hoffe, dass sein Gehör nicht schon zu viele Geräusche verlernt hat.

  6. Stefan Tiez sagt:

    Herr Krause,
    manche verheiratete Männer wollen gar nicht mehr alles hören. 😉
    Mal ohne Scherz, man merkt den schleichenden Verlust des Hörvermögens gar nicht so richtig. Mir ging es mit meiner schwächer werdenden Sehkraft ähnlich. Erst als ich an einer Bushaltestelle die Abfahrtszeiten nicht mehr erkannt habe, wusste ich, dass ich eine Sehhilfe brauche.
    LG
    Stef

  7. Toni Krause sagt:

    Mein Vater hört leider nicht mehr so gut. Er möchte kein Hörgerät tragen. Ich werde ihm von der Hörentwöhnung erzählen und hoffe, ihn zu einem Hörtest überzeugen zu können.

  8. helga sagt:

    Von der Hörentwöhnung habe ich auch vom Arzt gehört. Den Tipp finde ich recht sinnvoll im Kampf gegen Hörschwäche! Dies ist der Fall bei meinem Neffen. Das erste Problem mit dem Gerät wurde durch die Säuberung des Reinigungssets vom Hörgeräteakustiker mit der Zahnbürste gelöst. Hoffentlich gewöhnt sich das Kind im weiteren problemlos an das Hörgerät. Dafür braucht man doch auch eine Zeitspanne.